Alchemy Celle
5/5
Full Force oder Full Rewind? Da das Rewind seine Wurzeln im Force hat, muss es sich unweigerlich dem Vergleich stellen.
Wir sind eine relativ große Gruppe die seit 2006 mit leicht wechselnder Belegschaft jedes Jahr das Force mitnimmt. Dieses Jahr haben terminliche Überschneidungen die Gruppe zerrissen und ein Teil ist aufs Force und ein Teil aufs Rewind. Ich selbst war bei Beiden dabei. Nun steht für nächstes Jahr die Entscheidung welches Festival wird es werden und die Entscheidung ist echt schwer.
Der Umstand, dass Melt, Splash und Force vom gleichen Veranstalter betrieben werden lässt vermuten das hier der Wirtschaftsbetrieb im Vordergrund steht. Das hat aber auch Vorteile. Ferropolis ist ein professionelles Gelände mit allen Annehmlichkeiten und netten Features wie der Strandbühne oder dem kleinen Waldstück um mal entspannt zu labern. Der lange Weg vom Zeltplatz zur Bühne kann nerven, aber hat auch die lustigsten Geschichten vorgebracht durch die kaputten Typen welche mit 3,8 auf dem Kessel versuchen ihren Körper zum Zeltkreis zu befördern. In den letzten Jahren hat sich jedenfalls auch das neue Gelände irgendwie zur Heimat entwickelt.
Das Rewind startet wieder bei 0. Außer von der vertrauten Anfahrt ist vom alten Festival rein von der Location nicht viel geblieben. Man ist zwar noch auf dem Acker und weiß das irgendwie, es könnte aber auch an einem beliebigen anderen Ort sein. Durch die geschätzten 6000 Besucher ist es deutlich kleiner und im Bühnenbreich ist man in 2min von einer zur anderen Seite gelaufen. Und hier kommt die Stärke des Rewind. Nach einer kurzen Eingewöhnung seit Jahren mal wieder auf einem kleinen Festival zu sein, kommt das Familiengefühl zurück. Man ist nicht nur Besucher, sondern Teil von Etwas. Während einem Gruppenmitglied auf dem Force professionell das Handy geklaut wurde, hat man hier das Gefühl alles offen lassen zu können und zur Bühne zu gehen. Dadurch dass keine Geldmaschine dahinter steht, ist vieles mit Liebe organisiert und das merkt man in den Details. Nicht dass die Erdbeerbowle hier nur die Hälfte kostet, sie wird auch endlich wieder mit 90er Jahre Musik serviert. Wenn man den Müll zur Tonne bringt sind im Zaun neue Müllsäcke eingehängt, die Dixies sind durchgehend sauber bzw ausreichend und die Security freundlich und nahbar. Auch wenn das für viele bewusst keine Rolle spielt, aber auf dem Force gibt es ein Awareness Team welches gefühlt aus unmotivierten Studenten oder übermotivierten Feministen besteht und eine Security welche gefühlt!! auch ein Clan aus Berlin sein könnte und die Hälfte irgendwie bei Fragen kein deutsch konnten. Beim Rewind hat die Security selbst eine Awarenessausbildung und bodenständige lösungsorientierte Ansätze um mit dem sensiblen Thema umzugehen. Das hat mich überrascht und trägt definitiv passiv zu dem angenehmen Klima auf dem Festival bei, denn qualifiziertes Awareness heißt nicht emotional gebrochene Menschen zu beruhigen die sich grad als Fuchs fühlen, sondern richtig mit Betrunkenen umzugehen oder Differenzen ordentlich zu deeskalieren. Das Konzept gibt es hier nicht medienwirksam auf die Fresse sondern wird gelebt. Dafür meine Anerkennung!
Eine der besten Entscheidungen beim Rewind war, den Strandbereich zu schaffen. Ja, es ist nur eine Sandgrube und das Wasser nicht wie auf den Malediven, aber über den Tag mal ins Nass zu springen und mit wildfremden Menschen Frisbee zu spielen macht einfach Spaß. Das hier die Öffnungszeiten spontan von 12.00 auf 9.00 vorverlegt wurden weil die Gäste es sich gewünscht haben und mehr Bademeister organisiert wurden damit der Ansturm auch sicher bewältigt werden kann steht exemplarisch für die Flexibilität des Festivals.
Kommen wir zum Schluss zur Musik. Die Bandauswahl war für mich ein Hauptgrund neben dem Force auch aufs Rewind zu gehen. Die Bands selber schienen alle Spaß zu haben, der Pitt war immer fair und lustig. Nur das Partyzelt zündet nicht bei uns, weil zu offen. Das klappt schon nicht auf dem Force.
Lange Rede kurzer Sinn: Force oder Rewind?
Wenn die Bands stimmen: 55 zu 45 fürs Rewind